Das Abi auf der Bühne

165 14.03.2024 17:00:00 | CSS, K. Jendreyko
Eine Deutschstunde der besonderen Art wurde den Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe 2 am 29.02.2024 geboten –

Rouven Honnef als Woyzeck umgeben vom naturalistisch anmutenden Bühnenbild
Bild 1: Rouven Honnef als Woyzeck umgeben vom naturalistisch anmutenden Bühnenbild

Pünktlich vor dem schriftlichen Abitur im Fach Deutsch wurde auch in diesem Jahr wieder eine der Abi-Pflichtlektüren, Büchners „Woyzeck“ exklusiv für die Schülerinnen und Schüler der Carl-Schaefer-Schule aufgeführt.

Nach Ende der 75-minütigen Vorstellung hatten die Schülerinnen und Schüler noch Gelegenheit zum persönlichen Gespräch mit dem Schauspieler. Die Fragen bezogen sich auf die Herausforderungen beim Spiel, die technische Umsetzung, aber auch auf das Textverständnis und die Interpretation des Dramas.

Wir danken dem Verein der Freunde und Förderer der Carl-Schaefer-Schule für die Finanzierung der Aufführung.

Eine umfassende Rezension erfolgte als Unterrichtsprojekt durch die Schüler selbst. Die teilweise sehr gelungenen Ergebnisse sind im Folgenden zu lesen:

Rezension von Jessica Eilert, Hans Rothfuß und Sabine Ziegenhagel:

In einer exklusiven Schüleraufführung von Georg Büchners „Woyzeck“ der Theatergruppe „THEATERmobileSPIELE“, kamen wir Schüler der Carl-Schaefer-Schule in den Genuss der Inszenierung von Regisseur Thorsten Kreilos und Schauspieler Rouven Honnef beizuwohnen.

Ist es also der Gruppe gelungen, den Woyzeck authentisch rüberzubringen oder verraten sie sich in einer verkünstelten, an den Haaren vorbeigezogenen Neuinterpretation?

Um dies zufriedenstellend zu erörtern, bedarf es den genauen Blick auf das Bühnenbild von Marcus Stiefel-Dürr. Denn noch bevor die Handlung überhaupt begann, ließ die Bühne Einblicke in die Art der Inszenierung gewähren: ein düsterer, umzäunter und eingeengter Ort, überzogen von Lumpen, Staub und Soldatenhelmen. Es ist erstaunlich, dass alle Szenen in diesem Bühnenbild spielten und es trotzdem immer hervorragend zu Stimmung passte. Nun galt es also, diesen Raum mit Drama zu füllen. It´s time to shine für Rouven Honnef. In der Aufführung verkörperte es in einer beeindruckenden One-Man-Show alle relevanten Figuren mit überzogener Bravour. Dazu erweckte er die unter den Lumpen vergrabenen Puppen zum Leben. Er vermochte es, blitzschnell zwischen den verschiedenen Charakteren umzuschalten, die er mit charakteristischen Stimmen versah. Dadurch konnte man auch komplizierteren, verstrickteren Dialogen gut folgen. Bemerkenswert war auch der Einsatz der akustischen Untermalung mit deren Hilfe die Moderation aus dem OFF durch den Ausrufer, der uns die Person Woyzeck regelrecht vorgeführte, bewerkstelligt wurde. Auch die Musikwahl war sehr passend und verdeutlichte den paranoiden und wahnhaften Geisteszustand von Woyzeck.

Einziger Kritikpunkt bildet unserer Meinung nach die Gestaltung der Puppe von Marie, die durch ihr verschrumpeltes, beinahe angsteinflößendes Aussehen weit hinter den Erwartungen einer begehrenswerten jungen Frau zurückblieb. Das eingerollte Kind sah eher wie ein Außerirdischer aus, trug dabei aber zur insgesamt absurden und hoffnungslosen Stimmung bei.

Insgesamt bestach die Theateraufführung durch die hemmungslose, leidenschaftliche Schauspielkunst Honnefs, der die Zuschauer nicht selten verstörte und damit vollkommen in den Bann zog. In Anbetracht des durchaus bedrohlichen Erstickungsrisikos durch die kleinen Erbsen, die er in rasanter Geschwindigkeit in sich reinschaufelte wie ein Tier, eine nicht ganz ungefährliche Aufgabe.

Um somit auf die Frage des Anfangs zurückzukommen: Ja es handelt sich insgesamt um eine gelungene, authentische Inszenierung, die den Pauperismus und hoffnungslosen Determinismus in seiner Reinstform zeigt.

Rezension von Paulina Högg, Melike Günsoy, Azat Özden und Tim Seyfert:

Theateraufführung "Woyzeck":  4/5 Sterne
 
Die Tragödie "Woyzeck" wurde für die Jahrgangstufe 2 der Carl-Schaefer-Schule in Ludwigsburg am 29.02.2024 am Schiller- Gymnasium aufgeführt. Die Schüler bewerten das Theaterstück mit 4 von 5 Sternen  ⭐️⭐️⭐️⭐️.
 
"Die Verwirrung ist positiv verwirrt von dem verwirrenden Theaterstück Woyzeck" (Publikumsaussage: Definitiv nicht Tim Seyfert, der vom Stück definitiv verwirrt war).
 
Das Theaterstück wurde von der Theatergruppe "THEATERmobileSPIELE" unter der Regieleitung von Thorsten Kreilos inszeniert. Hauptdarsteller des Stücks ist Rouven Honnef, welcher den Charakter "Woyzeck" mit Bravour verkörperte.
Beklommenheit, Dunkelheit und Verwirrung bilden die Hauptmerkmale des Bühnenbildes, welche mit Hilfe von Marcus Stiefel-Dürr realisiert wurden. Alles ist grau in grau, die Hauptfigur Woyzeck hebt sich kaum vom Hintergrund ab. Es erweckt den Anschein einer Verflechtung, die dabei Woyzecks geistige Lage und Sicht auf das Leben widerspiegelt, die er als trüb empfindet.
 
Rouven Honnef präsentiert das Theaterstück als ein Ein-Mann-Stück, dabei werden die Nebenfiguren in "Woyzeck" durch Puppen zum Leben erweckt.
Das Theaterstück hat sich sehr an das Dramenfragment "Woyzeck" gehalten. Die Hauptdialoge stammten direkt aus dem Stück, hierbei war die Szenen-Reihenfolge in Bezug zur unsere Reclamauflage verschieden, Was jedoch dem Fakt geschuldet ist, dass das Drama "Woyzeck" ein Dramenfragment ist und in Bezug zu seiner Struktur frei interpretierbar ist.
 
Der Hauptdarsteller ist sehr talentiert, denn er hat alle Rollen übernommen und authentisch dargestellt. Er konnte sehr schnell zwischen den Rollen hin und her wechseln, als ob er jede Person wäre. Egal ob es Woyzeck, Marie, der Doktor oder ein anderer Charakter war, wurden die Eigenheiten und charakteristischen Merkmale jeder Figur außergewöhnlich gut dargestellt.

Besonders stach die Requisite der Erbsen hervor. Der Hauptdarsteller aß zwanghaft zwischen Szenen Erbsen aus einer Pickelhaube. Die befremdliche Darstellung führte dazu, sich intensiver mit der Fremdbestimmtheit Woyzecks auseinanderzusetzen.
 
Die Musik hatte an einen Horror-Zirkus erinnert, welcher perfekt zu der Szene passte, an der Stelle als Woyzeck mit jeder vergangenen Sekunde verrückter wurde. Leider waren die Tonspuren an manchen Stellen sehr unverständlich.
 
DAS FAZIT:  Man kann sagen, dass die Inszenierung des Theaterstücks Büchners Idee sehr nahekommt. Es präsentiert die determinierte Unterschicht in einem absurden Zusammenhang. Es wurde vor allem ein besonderes Augenmerk auf den Klassenkonflikt gelegt. Das Publikum ist geschockt, angewidert und dennoch stellt es sich die Frage, warum? 
Die ungeschönte Darstellung entspricht den Merkmalen des Naturalismus.
Wir empfehlen das Stück an alle weiter, die sich mit dem schriftlichen Werk auseinandergesetzt haben und eine visuelle Interpretation erleben wollen.
 

Rezension von Nil Su Akdeniz, Georgios Tziovaras und Reka Olah:

Am vergangenen Donnerstag hatten wir die Gelegenheit, die Aufführung von "Woyzeck“ des TheaterMobileSpiele zu erleben, inszeniert von Regisseur Thorsten Kreilos und mit Rouven Honnef in der Hauptrolle. Das Stück bot eine fesselnde Mischung aus Drama und Humor, die das Publikum von Anfang bis Ende faszinierte.

Unserer Meinung nach war die schauspielerische Leistung von Rouven Honnef beeindruckend. Seine Darstellung der Hauptfigur war überzeugend, wodurch er das Publikum auf ihn fixierte.
Das Bühnenbild, gestaltet von Marcus Stiefel-Dürr, war ebenso bemerkenswert. Die detailreiche Kulisse schuf eine authentische Atmosphäre und unterstützte die Handlung des Stücks wirkungsvoll. Besonders beindruckend war es, wie der Schauspieler durch Puppen in verschiedene Rollen schlüpfen konnte und diese zum Leben brachte.
In Bezug auf die akustischen Elemente, Musik und Ton gab es bei der Inszenierung auch kleinere Probleme bezüglich der Lautstärke. Somit kam es dazu, dass manche Stimmen nicht verständlich genug waren.

Alles in allem bot "Woyzeck" eine gelungene Aufführung mit starken schauspielerischen Leistungen und einembeeindruckenden Bühnenbild. Obwohl es Raum für Verbesserungen gibt, könnte man sagen, dass das Stück gut gelungen und weiterzuempfehlen ist.
 

Rezension von Nadine Schneider, Elena Calvo Felber und Anne Dercks:

Das Theaterstück Woyzeck wurde von der Theatergruppe THEATERmobileSPIELE mit dem Schauspieler Rouven Honnef als Woyzeck als ein Ein-Mann-Stück inszeniert, mit der Regie von Thorsten Kreilos und einem Bühnenbild von Marcus Stiefel-Dürr. Das Stück war sehr interessant, aber auch schockierend. Besonders herausstechend waren die realistischen Erbsen- Essensszenen, die sehr abstoßend wirkten. Dies passt jedoch genau auf die Epoche des Naturalismus, die die Lektüre zum Teil ausmacht.

Die Puppen, die anfangs auf dem Boden lagen und kaum zu sehen waren, hatten einen gelungenen Überraschungseffekt. Die tot aussehenden Puppen worden durch das Talent des Schauspielers zum Leben erweckt.
Auch das Bühnenbild und die Musik unterstützen das Ambiente sehr gut.
Die Interpretation des Originals war vielschichtig.  Die einzelnen Figuren der Personen wirkten sehr unterschiedlich, auch wenn sie von ein und derselben Person gespielt wurden, die zwischen ihnen sehr schnell wechselte.
Das Stück war mit zahlreichen Überraschungen gefüllt und trotzdem sehr nah am Original gehalten. Zuletzt ist nur noch unserer Schule zu danken, die für uns solche kulturellen Angebote organisiert.
 

Aufführung "Woyzeck"
Bild 2: Woyzeck und die unerwartet verfremdete Marie

Aufführung "Woyzeck"
Bild 3: Woyzeck umgeben von dem Hauptmann, dem Tambourmajor und dem Doktor – Honnef brilliert in der Interaktion mit den Figuren sowie im Rollenwechsel

Aufführung "Woyzeck"
Bild 4: Woyzeck und die Erbsen: schockierende Inszenierung von Demütigung und Entmenschlichung

Aufführung "Woyzeck"
Bild 5: Büchners Kritik am Bürgertum gekonnt umgesetzt


Einleitungstext: Kristina Jendreyko
Fotos: Kristina Jendreyko